Eisklettern

Die alpine Disziplin des Eiskletterns ist ganz speziell. Denn sie basiert auf dem gefrorenen „Element“ Wasser, welches über steile Felswände und Bäche herabfließt. Man spricht deswegen auch oft vom „Wasserfall Klettern“.

Geklettert wird hier nicht etwa wie beim Felsklettern mit blosen Händen und Kletterschuhen. Für den „Halt“ an den Händen sorgen die Eisgeräte. Für den „Halt“ an den Füßen sind die Steigeisen zuständig. Und für die Absicherung kommen Eisschrauben zum Einsatz.

Wir versuchen, dem Reiz dieser Alpindisziplin im folgenden Tutorial auf den Grund zu gehen. In übersichtlichen Abschnitten beschäftigen wir uns eingehend mit den vielschichtigen Aspekten dieser faszinierenden Sportart.

Als Einstieg zeigen wir euch gleich einmal ein gutes Video. Es zeigt einige der grundlegenden Vorgänge sowie die Anbringung der Eisschrauben und den Bau eines Standplatzes bzw. einer Abalakov Eissanduhr.

Faszination der Sportart

Wie wir alle wissen, wird aus Wasser ab einer Temperatur unter 0° C ja Eis. Eine faszinierende und immer noch großteils ungeklärte Metamorphose.

Die gefrorenen Wasserfälle bestehen zudem nur für eine bestimmte Zeit, eben in Abhängigkeit von der Temperatur. Es ist einerseits die Mischung aus dieser kurzweiligen Verwandlung im Zusammenspiel mit den sportartspezifischen Aspekten, welche so viele Sportler in den Bann des Eiskletterns zieht. Und zum anderen aber auch gleichzeitig so herausfordernd macht.

Vor allem für Einsteiger gibt es sehr viele offene Fragen. Wie z.B. : Wie fange ich am besten an? Welche Ausrüstung sollte ich mir zulegen? Wie läuft das mit der Schwierigkeitsbewertung? Usw., usw…

Mit unserem Tutorial wollen wir euch helfen, den Einstieg in diese Disziplin leichter zu meistern.

Wann ist Eisklettern „sicher“?

Eines vorweg. Diese Sportart kann man nie ganz als „sicher“ bezeichnen. Denn es liegt in der Natur von Abenteuer Sportarten, dass niemals alle Variablen korrekt eingeschätzt werden können.

Was man aber sehr wohl machen kann, ist die Rahmenbedingungen zu bewerten. Deswegen wollen wir im Folgenden die wichtigsten Aspekte beleuchten.

Eiskletterer von der Seite mit blauer Jacke in steiler Route. Im Hintergrund Winterlandschaft.
Eisklettern kann nie ganz sicher sein. Aber man kann lernen, die Rahmenbedingungen einzuschätzen und die potentiellen Risiken deutlich zu minimieren. Foto: animont.at / © Christian Fuchs

Temperaturen

Wer an gefrorenen Wasserfällen klettern möchte muss die Temperaturen im Auge behalten.

Ideal sind konstante (Nacht)Temperaturen deutlich unter 0°C für einige Tage. Das führt dann in der Regel zu einem guten „Eisaufbau“. Die Grundlage um überhaupt los starten zu können.

Beim Eisklettern selber sind dann Bedingungen rund um den Gefrierpunkt +/- weniger Grade vorteilhaft. In diesem Temperatur Korridor ist dass Eis dann verhältnismäßig „weich“ und perfekt kletterbar. Die Eisschrauben können dann gut eingedreht werden. Und die Eisgeräte bzw. Steigeisen finden dann besten Halt.

Ist es zu kalt, ab ca. -10° C, wird das Eis sehr spröde. Das ist in vielerlei Hinsicht nachteilhaft. Eisplatten können absplittern, die Hauen bzw. Frontzacken müssen oft eingeschlagen werden, usw…

Ist es zu warm, wird das Eisklettern zum einen zu einer „nassen“ Angelegenheit. Soll heißen, es wird euch ständig irgendwo das Wasser entgegen- und in Ärmel und Kragen tropfen. Zum anderen können aber auch gefährliche Eisstrukturen wie Zapfen abbrechen. Somit ist Eischlaggefahr gegeben, was man unbedingt vermeiden sollte.

Lang anhaltende warme Temperaturen sind eine große Gefahr. Selbst wenn es an und für sich genug Eis hat. Denn dann können die gefrorenen Wasserfälle „hinterspült“ und instabil werden. In diesem Fall sollte man erst gar nicht einstiegen.

Gelände und Lawinengefahr beachten!

Seid euch immer über das gesamte Gelände eurer Eisklettertour im Klaren. D.h. nicht nur über die geplante Route selbst sondern darüber hinaus auch über diese Abschnitte.

  • Zustieg
  • mögliche Not Ausstiege
  • das Einzugsgebiet oberhalb der Route
  • Abstieg

Folglich sollte man immer den aktuellen Lawinenbericht checken und sich mit dem Einzugsgebiet oberhalb der Route vertraut machen.

Die zentralen Fragen lauten:

Liegt die geplante Route in einem potentiellen Lawinenstrich bzw. ist die Route vielleicht von oben her durch Eisschlag gefährdet?

Ist der Zustieg und / oder Abstieg (lawinen)sicher?

Kann die Tour abgebrochen werden, weiß ich wie ich ggf. dann wieder runter komme?

Eiskletter Seilschaft in großer Eiswand im Gebirge.
Nicht nur die Route selbst, auch den gesamten Einzugsbereich darüber muss man im Auge behalten! Foto: animont.at / © Alex Fuchs

Eiskletter Schwierigkeitsbewertung

Die Schwierigkeit bei dieser Alpindisziplin wird in „WI“ angegeben. Das steht für „Water Ice“.

Die Skala reicht dabei von WI1 (sehr leicht) bis WI 7 („extrem schwierig“grenze des Machbaren“).

Anfänger bewegen sich dabei in einem Bereich von WI1 bis ca. WI3 oder WI4. Intermediates im Bereich WI 4 und WI 5. Erfahrene Eiskletterer entsprechend weiter nach oben.

Muss in einer Route auch im Felsgelände geklettert werden, so wird manchmal auch ein M Grad für „Mixed“ hinzugefügt. Wie z.B. WI 6 M4.

Beachtet, dass eine solche Bewertung in der Regel von den „üblichen“ Bedingungen ausgeht. Eine Route die normalerweise z.B. nur WI 4 bewertet wird, kann bei trockenen Verhältnissen (wenig Eis, schlechte Sicherungsmöglichkeiten) rasch deutlich schwerer werden. Man muss also immer die aktuellen Bedingungen berücksichtigen.

Wir wollen hier aber nicht noch mehr ausholen. Alle detaillierten Infos zur Schwierigkeitsskale gibt es in unserem Spezial Beitrag.

Die Ausrüstung zum Eisklettern

Wer an gefrorenen Wasserfällen klettern möchte, braucht eine stattliche Anzahl an Ausrüstungsgegenständen. Deswegen zahlt es sich aus, mit Leihmaterial mal zuerst „rein zu schnuppern“.

Hardware und Kletterausrüstung

Wer dann weiter machen will, der sollte sich mit folgender Empfehlungsliste für seine Ausrüstung beschäftigen.

Hüftgurt eines Eiskletterers mit Ausrüstung, dahinter überall weißes Eis.
Für das Klettern an gefrorenen Wasserfällenbraucht es ordentliche und vor allem genügend Ausrüstung, wie z.B. Eisschrauben. Foto: animont.at / © Alex Fuchs

Bekleidung

Die richtige Bekleidung beim Eisklettern ist ein echter Spagat. Denn zum einen kann es an den Standplätzeig richtig, richtig kalt werden. Dazwischen strengt man sich aber enorm an und da wird einem wieder sehr warm. Hinzu kommt dann auch noch die Unsicherheit von herabtropfenden Wasser.

Wie also „richtig“ anziehen?

Wir empfehlen euch zu allererst einmal lange Unterwäsche. Darüber kommt am Oberkörper ein „Mid Layer“ aus z.B. langem Kunststoff Rolli. Darüber sollte man dann eine „Outer Shell“ mit wasserabweisendem aber atmungsaktiven Material anziehen, wie z.B. Gore-Tex.

Viele EIskletterer hängen sich dann eine dünne Daunenjacke mit dem kleinen PAcksack an den Klettergurt. So können sie diese an jedem Stand anziehen und sich warm halten.

Bei manchen Seilschaften nimmt der Nachsteiger manchmal auch einen kleinen Rucksack mit, wie z.B. den BD Bullet, Rock Blitz 15 oder Camp M20. Hier kommt dann oft eine Thermoskanne, eine zusätzliche, dünne Daunenjacke sowie isolierte Handschuhe hinein.

Wer mehr über die Ausrüstung und Bekleidung beim Eisklettern wissen will, sollte sich unsere Experten Tipps durchlesen. Wie z.B. im Interview mit Martin Sieberer.

Handschuhe zum Eisklettern

Hier gibt es viele unterschiedliche Lösungen. Sie hängen primär davon ab, wie empfindlich eure Hände gegenüber Kälte sind.

Viele starke Kletterer in unserem Freundeskreis verwenden dünne Lederhandschuhe in den Seillängen. Am Standplatz wechseln sie dann zu isolierten, wärmeren Modellen. Sie werden in einem kleinen Rucksack mitgeführt.

Da die Lederhandschuhe beim Klettern selbst oft nass werden, nehmen die meisten zwischen 3-4 Paar für einen Tag mit.

Wer kälteempfindlich ist, kann auch leicht isolierte Handschuhe mit Gore Membran oder dünne Lederhandschuhe verwenden.

Nicht empfehlen sind sehr dick isolierte Handschuhe oder Fäustlinge. Denn damit lassen sich die Eisgeräte nicht fest umschließen.

Blick von oben auf einen Eiskletterer hoch über dem Talgrund im Winter.
Lederhandschuhe werden von vielen Eiskletterern bevorzugt, ebenso wie eine „outer Shell“ aus Gore-Tex. Foto: animont.at / © Alex Fuchs

Die Ersten Schritte

Wir empfehlen euch zum Einstieg ins Eisklettern, eine gute Top Rope Stelle zu suchen. D.h. einen sicher zugängliches Bereich wie ein Felsband oder ein Waldstück, wo man eine sichere Umlenkung oberhalb eines Eisfeldes installieren kann.

Im Top Rope könnt ihr euch dann ganz sicher mit der neuen Sportart vertraut machen. D.h. Dinge wie das Einschlagen der Eisgeräte üben, das Antreten mit den Steigeisen, Eisschrauben setzen, usw….

Als kleine Unterstützung zum Einstieg in das Metier zeigen wir euch ein Video zur „effizienten Bewegungsabläufen“.

Bergschulen zum Eisklettern lernen

Als Tiroler Unternehmen können wir euch befreundete Bergführer bzw. Alpinschulen empfehlen.

Zum einen die Bergschule Animont. Armin Fuchs und Oliver Rohrmoser sind Meister ihrer Zunft, äußerst kundenorientiert und extrem erfahren. Bei ihnen seid ihr an der perfekten Stelle, wenn ihr den Einstieg ins Eisklettern machen wollt.

Fortgeschrittenen empfehlen wir den Eiskletter Experten Christian Piccolruaz. „Picco“ ist bei der österreichischen Bergführer Ausbildung im Eiskletter Team mit dabei. Er weist 20 Jahre Erfahrung auf und kann euch perfekt helfen, auf das nächste Level zu kommen.

Top 5 Eiskletter Locations in Österreich

Wer mit diesem Sport beginnen möchte, findet in Österreich einige ziemlich gute Locations dafür.

Wir wollen im Folgenden drei davon vorstellen.

Maltatal

Mitten in den Hohen Tauern liegt das Maltatal. Von Jänner bis März herrschen hier im „Tal der stürzenden Wasser“ meist ideale Bedingungen zum Klettern an gefrorenen Wasserfällen in allen Graden. Vor allem Einsteiger finden ein reichhaltiges Angebot in den Graden WI3 bis WI4.

Das Gebiet ist deswegen auch so ideal, weil die meisten Wasserfälle in nur ca. 10 – 30 Minuten von der Malta-Hochalmstrasse aus erreichbar sind.

Mehr Infos gibt es hier: Eisklettern im Maltatal

Pitztal

Im Pitztal im Tiroler Oberland gibt es an die 45 Eisrouten. Sie sind meist von Dezember bis Ende März kletterbar.

Sie befinden sich entlang des gesamten Tales mit verhältnismäßig kurzem Zustieg von der L16, der Pitztal Landesstrasse.

Mehr Infos und vor allem viele kostenlose Topos gibt es hier: Eisklettern Pitztal


Eispark Osttirol

Auf der Osttiroler Seite des Felbertauern Tunnels befindet sich der „Eispark Osttirol“.

Hier bieten sieben – teil künstlich vereiste – Sektoren an die 70 Eisrouten in allen Graden. Die große Seehöhe um ca. 1.500m und die schattige Lage begünstigen die Eisbildung. D.h. der Park gilt als besonders „eissicher“ und auch leicht erreichbar.

Mehr Infos: Eispark Osttirol