EN 959 – UIAA 123 Bohrhaken Norm

Die EN 959 – UIAA 123 Norm regelt die Anforderungen für Bohrhaken, Bohrhakenlaschen und Klebehaken. In Kletterkreisen wird sie gerne auch als „Bohrhaken Norm“ bezeichnet.

Dabei handelt es sich genau betrachtet um zwei unterschiedliche Normen von zwei unabhängigen Organisationen.

Erstens die EN Norm. Die „Europäische Norm“ (EN) der Normungsorganisation CEN. Dies steht für „Comité Européen de Normalisation“. Die exakte Angabe der Norm lautet eigentlich EN 959: 2018. Der Zusatz bezieht sich auf die entsprechende (Jahres)Version der Norm.

Zweitens die UIAA Norm. Die Zertifizierungskriterien der „Union Internationale des Associations d´Alpinisme.

Die Norm regelt folgende Produkte: Bohrhaken – Bohrhakenlaschen und Klebehaken

Wie hängen EN 959 – UIAA 123 Bohrhaken Norm zusammen?

Die beiden Zertifikate hängen aus einem einfachen Grund zusammen. Die UIAA erstellt und verwaltet die einzig weltweit gültigen Normen im Bergsportbereich. Um keine Doppelgleisigkeit zu erzeugen, gibt es eine Kooperationsvereinbarung mit CEN.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit lehnt sich das aktuelle UIAA Zertifikat an das EN Zertifikat an. Diese wiederum hat vor dem letzten Update auf der UIAA Norm aufgebaut.

Weiters publiziert die UIAA einfache Grafiken, welche die Norm erklären. Abschließend kann die UIAA mit ihren Normwerten von der EN Norm abweichen.

Das Bild zeigt die Seite 2 der grafischen Darstellung der EN 959 - UIAA 123 Norm. Es ist in der oberen Bildhälfte links ein schematischer Betonblock mit einem Bohrhaken inklusive Bohrhakenlasche zu sehen. Rechts ein Betonblock mit einem Klebehaken. Darunter drei Grafiken zur Bohrhakenlasche.
Design Anforderungen der EN 959 – UIAA 123 Norm an Bohrhaken, Bohrhakenlaschen und Klebehaken. Quelle: UIAA Website

Anforderungen EN 959 – UIAA 123

Die exakten Ausführungen der Norm dürfen aus Copyright Gründen nicht zur Gänze publiziert werden. Zum einen bieten jedoch öffentlich zugängliche Infos diverse Angaben. Zum anderen auch die UIAA website.

Folglich können wir hier die wichtigsten Anforderungen angeben:

  • Material: Der Fixpunkt darf nur aus „korrosionsbeständigem Edelstahl“ bestehen. Zudem müssen alle Komponenten aus dem selben Material bestehen um galvanische Korrosion bei Bohrhaken zu vermeiden.

    Der Begriff „Edelstahl“ in der Bohrhaken Norm ist jedoch sehr weit gegriffen. Denn „Edelstahl“ umfasst eine große Bandbreite an sich unterscheidenden austenitischen Stahl-Legierungen. Sie alle fallen beispielsweise unter die Kategorie A2 / AISI 304 oder A4 / AISI 316 Stahl.

    Mehr Infos: Stahlqualitäten bei Bohrhaken und Klebehaken

    Dabei unterscheidet die Norm die Einsatzgebiete der Fixpunkte. Erstens eine Kategorie für den Einsatz in Meeresnähe. Zweitens eine Kategorie für den Outdoor Einsatz im Binnenland. Drittens eine Kategorie für den Indoor Bereich.

    Daraus dürften sich wohl die Stahl Güteklassen AISI 904L (HCR Stahl) und Fixe PLX – Duplex Stahl für das Einbohren in Meeresnähe ergeben. Mindestens A4 / AISI 316(L) für den Binnenbereich. Und mindestens A2 / AISI 304(L) für den Indoor Bereich.
Bohrhakenbruch wegen Spannungsrisskorrosion auf Sardinien. Hier dürfte die EN 959 – UIAA 123 für marine Umgebungen wohl vernachlässigt worden sein. Foto: bolting.eu

Weitere Normdetails

  • Bruchlasten und Zugfestigkeit der EN 959 – UIAA 123 Norm:
    Die Normwerte von Bohrhaken – Bohrhakenlaschen Kombinationen bzw. Klebehaken wurden wie folgt festgelegt:
    axial: 15 kN = 1.500 kg (UIAA 20 kN = 2.000 kg)
    radial: 25kn = 2.500 kg
    Getestet wird in einem 20 x 20 cm großen ungerissenen BEtonblock mit bestimmter Betongüte. Bei den Werten dürfen die Fixpunkte weder brechen noch ausreißen.
  • Verankerungstiefen: Einerseits müssen Klebehaken müssen mindestens 70mm eingeklebt sein. Andererseits muss die Verankerungstiefe von Bohrhaken-Laschen Kombinationen mind. 5 x den Bohrdurchmesser betragen.
  • Bohrlochtiefe: Die Fixpunkte müssen unabhängig von der Bohrlochtiefe halten. D.h. es wird bewusst zu tief gebohrt bei den Tests.
  • Ösenform und -stärke Bohrhakenlaschen: Diese müssen erstens mindestens 3mm dick sein. Zweitens müssen die Kantenradien mind. 0,2mm sein. Drittens muss der Abstand Außenseite – Innenseite an den „Knick Punkten“ mind. 10mm betragen. Viertens mind. 12mm an der Oberkante. Fünftens müssen ein 15mm sowie ein 11mm Verbindungsmittel in die Öse passen.
  • Drehmoment: Ein Test mit 150 Nm der in der Karabineröse ansetzt muss bestanden werden. Bei Klebehaken darf sich dieser innerhalb 60 Sekunden nicht verdrehen.

UIAA Ergänzungsblatt EN 959 – UIAA 123 Bohrhaken Norm

Im Dezember 2020 hat die UIAA auf die anhaltende Diskussion reagiert. D.h. ein Ergänzungsblatt zur Norm heraus gegeben welche weitere Aspekte berücksichtigt. Wie z.B. SCC = stress corrosion cracking a.k.a. Spannungsrisskorrosion.

Download: UIAA Ergänzungsblatt Bohrhaken Norm

Wie kommen Produkte zu ihrer Norm?

Die EN 959 – UIAA 123 Norm dürfen nur authorisierte Prüfinstitute vergeben. Hierfür muss sich der Hersteller aber zuerst mit seinem Produktionsprozess Zertifizieren lassen.

Erst wenn er ein entsprechendes Qualitätsmanagement nachweisen kann, wird ihm die Zertifikat Vergabe auf Basis einer Musterprüfung gewährt. Voraussetzung: es werden alle Kriterien erfüllt.

Wenn ein Produktionsbetrieb keine Zertifizierung des Produktionsprozesses aufweist. Dann werden Stichproben aus jeder Produktions Charge genommen die alle bestehen müssen.

Das Bild zeigt das UIAA Safety Label. Einen mehrzackigen weißen Berg mit dem UIAA Schriftzug darunter in einem blauen Kreis.
Nur getestete Produkte die den Anforderungen entsprechen erhalten die EN 959 – UIAA 123 Norm.

Empfehlungen für Klettergartenhalter

Die Konsequenzen aus der EN 959 – UIAA 123 Norm für Klettergartenhalter sind recht klar. Es lassen sich daraus klare Empfehlungen ableiten welche z.B. auch im Handbuch Klettergärten des Landes Tirol / ÖAV nachzulesen sind.

Im Grunde läuft es darauf hinaus. Die durchschnittlich sorgsame Ausstattung eines „offiziellen“ Klettergartens orientiert sich wenig überraschend an den genormten Materialien. Folglich sollten nur solche bei der Klettergarten Errichtung, Sanierung von Klettergärten und bei der Klettergarten Wartung zum Einsatz kommen.

Es gibt zwar (noch) keine verbindliche „Verkehrsnorm“. Allerdings darf wohl die Stahlqualität A4 bzw. AISI 316L als derzeitiger Standard angesetzt werden. Zudem sollten die Verankerungstiefen der Fixpunkte unbedingt stimmig zur Norm sein.

Anmerkung: Bei Klettersteigen regelt übrigens die EN Norm 16869:2018-01 den gesamten Bereich viel strikter.

Aus diesem Grunde führt bolting.eu bei all seinen Serviceleistungen eine entsprechende Bau Dokumentation durch. Einerseits über die eingesetzten Materialien inkl. Technikblättern. Andererseits über die Installationsmethoden bzw. Umsetzung durch eine fachkundige Person. Die professionelle Dokumentation verringert die rechtlichen Risiken im Falle eines Unfalles deutlich.

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Wer die vollständigen Details wissen will, muss sich die Norm „kaufen“. In Deutsch ist sie online erhältlich beim Beuth Verlag als Download für knapp € 70,-.