Abseilstelle einrichten

Ab und zu bekommen wir bei bolting.eu Fragen von Kunden zum Thema Abseilstelle einrichten. Grund genug, im folgenden Artikel einiges von unserem Know How an Euch weiterzugeben.

Denn erstens sind Abseilstellen wesentliche Bestandteile einer (alpinen) Route. Zweitens gibt es einige taktische Tipps, wo man die Abseilpunkte am besten anbringt. Und drittens macht es einen großen Unterschied wie man die Abseiler einrichtet. Nur wenn man alles richtig macht ist das Abseilen durch eine Wand für die Wiederholer entsprechend sicher und das Seilhandling angenehm.

Abseilstelle einrichten – Gelände gibt vieles vor!

Eine der häufigsten Fragen mancher Kunden lauten: Wie lang muss die Distanz zwischen den Kettenständen bei einer Abseilpiste sein?

Die Antwort ist relativ einfach. Im Grunde gibt das Gelände die Distanz zwischen den Abseilpunkten vor. Natürlich macht es Sinn die heute üblichen Längen von Kletterseilen mit 70m bzw. 80m sowie Halbseilen mit 50m bzw. 60m auszunützen.

Was nutzt dies aber wenn das Gelände flach und mit Felsschuppen versetzt ist? Dann ist ein Abseilstand alle 25 Meter und das Abseilen mit nur einem Strang viel zielführender. Denn in diesem Fall verheddert sich das Seil nicht so leicht an Blöcken bzw. Schuppen.

Was ist wenn es unter einem schönen Absatz viel Gebüsch hat wo die Seile sich super leicht verhaken können? Dann wird man in diesem Abschnitt vielleicht ebenfalls lieber kurze Abseilstrecken für einen Strang einrichten.

Umgekehrt machen manchmal sehr lange Abseiler absolut Sinn. Was wenn die Wand überhängend ist und es erst nach 58m wieder Felskontakt Gibt? Dann wird exakt hier ein Kettenstand Sinn machen. Den Umstand sollte man natürlich in seinem Topo entsprechend kommunizieren.

Das Bild zeigt zum Thema Abseilstelle einrichten, ein Seil in einem einzelnen Abseilring.
Mit einzelnen Fixpunkten sollte eine Abseilstelle niemals eingerichtet werden. Wir zeigen Euch im Folgenden, wie man es viel besser machen kann. Abseilen in den Dolomiten, an der Rifugio Tucket. Bild: bolting.eu

Stände für die Abseilstellen

Beim Thema Abseilstelle einrichten gilt es zu beachten: sie sind potentielle Gefahrenstellen!

Denn zum einen ist man in der Regel am Weg nach unten müde und weniger aufmerksam als im Aufstieg. Und zum andern ist ein Abseiler ein Punkt, an dem man sich überhaupt erst selbstsichern bzw. vom Abseilen her umhängen muss.

Folglich sollte jeder Abseilpunkt technisch korrekt eingerichtet sein.

Im Folgenden unsere Empfehlungen:

  • Abseilstände mit 1 Ring bzw. Abseilstände mit 2 Ringen sollten „in Serie“ angeordnet sein. D.h. der obere Fixpunkte ist horizontal nur leicht, aber vertikal weit oberhalb versetzt. Die Kette sollte unbedingt ungespannt bleiben.
  • Es können auch zwei Bohrhakenlaschen mit Ring(en) bzw. Klebehaken mit Ring(en) verwendet werden. Dann sind die Abseilpunkte schräg versetzt anzubringen. Somit wird einerseits der korrekte Abstand der Bohrhaken (Ausrisskegel!) eingehalten. Und andererseits wird der Abseilstand redundant verwendet. D.h. der obere Ring trägt die Last. Der untere Ring ist „nur“ als unbelastetes Back-Up gedacht.
  • Manchmal platzieren Erschließer beim Abseilstelle einrichten „nur“ zwei Bohrhaken bzw. Klebehaken. Dann montieren sie in den unteren Fixpunkt ein Schraubglied – Rapidglied. In diesem Fall muss dieser Fixpunkt entsprechend nach oben „in Serie“ rückgesichert sein. Wer ohnehin schon alles aus eigener Kassa bezahlt, kann dies mit einer Reepschnur oder alten Seilstücken tun. Einfach ca. 1,2 Meter lange Stücke abschneiden, durch die Ösen fädeln und mit einem Doppelten Spierenstich verbinden.

    Beachtet wiederum den Mindestabstand der Bohrhaken. Dieser beträgt 3 x die Setztiefe. Klebehaken können enger gesetzt werden, sie entfalten ja keine Spreizdruck Wirkung. Mehr zu diesem Thema in unserem Beitrag „Was halten Bohrhaken?“
  • Richtet die Stände bei einer Abseilpiste nach Möglichkeit an Absätzen oder Bändern ein. Das bietet die Möglichkeit mal auf den Beinen zu stehen. Überdies kann man so mal kurz entspannen und wieder Blut in die Beine fließen lassen.
  • Beachtet bei potentiellen Positionen für Abseilstände das umliegende Gelände.

    – „hinterfotzige“ Schuppen wo Seile hängen bleiben können
    – heimtückische Risse und Spalten wo das Seil darin verschwinden bzw. stecken bleiben kann
    – Vegetation die sich mit Vorliebe an die heruntergefallenen Seile klammert

Ring, ring, ring, why don´t you give me a ring?

Dieser beliebte ABBA Song passt auch super zum Thema Abseilstelle einrichten.

Denn Abseilringe mit 10mm Durchmesser bzw. ab 30mm Innendurchmesser sind ideal für Abseiler. Sie sind Rapidgliedern klar vorzuziehen. Im Folgenden die Gründe weshalb.

Erstens hat ein 10mm Ring einen größeren Radius. Folglich lässt sich hier das Seil besser abziehen da weniger Reibung. Zweitens dreht sich ein Ring ständig. D.h. er kann nicht abgeschliffen werden. Und drittens steht ein Ring, welcher in einem Rapidgied montiert wird, 90° zum Fels. Somit ist das Seil beim Abzoiehen freiliegend. Ein „Abklemmen“ wie bei einem Rapidglied ist unmöglich!

Abseilstelle einrichten – Umsicht bei Absätzen gefordert!

Große Absätze bei einer Abseilstrecke können Segen und Fluch zugleich sein. Denn zum einen sind sie super Rastpunkte und Not Biwak Plätze. Zum anderen können Sie aber auch zu einem Alptraum beim Seilabziehen werden. Folglich gilt es an großen Absätzen die Abseilstelle umsichtig einzurichten.

In de Regel gilt: setzte die Abseilstände an Absätzen zu hoch wie möglich. Einerseits ist es angenehmer den Abseilpunkt auf Brust oder Augenhöhe zu haben. Denn somit kann man gut stehen und die Selbstsicherung ist schön gespannt nach oben. Ds gesamte Handling ist so einfach angenehmer.

Und andererseits hat das Seil später einen steileren Winkel nach unten. Folglich lässt sich das Kletterseil dann auch viel leichter abziehen. Ein klasischer Fehler beim Abseilstelle einrichten ist, dass die Abseilpunkte an Absätzen zu tief sind. Hierbei läuft das Seil dann ganz flach an die Kante und kreiert immense Seilreibung beim Abziehen.

Sind die Absätze extrem groß, gehört die Abseilstelle überhaupt direkt zur Kante hin gesetzt bzw. sogar darunter. Dies kann durchaus bedeuten, dass man ein kurzes Fixseil installieren muss. Oder auch weitere Fixpunkte zur Selbstsicherung an der Felskante.

Manchmal zahlt es sich auch aus, die Abseilstelle mit längeren Stahlketten zu versehen, welche dann über die Kante gelegt werden können. Somit kann das Seil dann auch wiederum reibungsfrei abgezogen werden.

Beim Abseilen durch eine Wand können sich von einem Abseilstand zum nächsten auch Gehpassagen auf Absätzen bzw. Bändern befinden. Steinmännchen, farbliche gut sichtbare Markierungen und Fixseile können extrem hilfreich bei der Wegfindung sein.

Das Bild zeigt zwei riesige Stahlringe an einer Kette bei einer in den Dolomiten eingerichteten Abseilstelle.
Ein mit Stahlketten „verlängerte“ Abseilstelle in den Dolomiten. Die Länge wurde so gewählt, dass der untere (riesige!) Ring genau unter dem Absatz liegt. Somit kann man das Seil reibungsfrei abziehen! Bild: bolting.eu

Klassische Fehler

Leider passieren bei Abseilstelle einrichten immer noch „klassische Fehler“. D.h. es scheint bestimmte Muster zu geben, welche wiederkehrend angewandt werden.

Im Folgenden stellen wir ein paar dieser Fehler vor und verweisen auf unsere EInbohr Blog Beiträge, wo ihr euer Know-How erweitern könnt. Damit hoffen wir einen Beitrag zu mehr Sicherheit und besserer Kletter Infrastruktur für die gesamte Community leisten zu können.

Galvanische Korrosion

Das Bild zeigt einen Felsen, auf dem eine silberne Bohrhakenlasche montiert ist. In dieser hängt quer ein rostendes Schraubglied.
Verzinktes Rapidglied in einer Edelstahl Bohrhakenlasche. Klassischer Fall von „galvanischer Korrosion“


Die Montage von verzinkten Schraubgliedern – Rapidgliedern an Edelstahl Fixpunkten ist ein weit verbreitetes Phänomen.

Leider führt dies aber zu galvanischer Korrosion. Das ist dir kein Begriff?

Dann lies dir doch unseren Fachbeitrag „galvanische Korrosion bei Bohrhaken und Klebehaken“ durch.

Vereinfach gesagt müsst ihr bei Bohrhakenlaschen und Klebehaken aus Edelstahl immer auch ein Schraubglied aus Edelstahl verwenden.

Das Bild zeigt den Standplatz einer Abseilpiste mit gefährlich angebrachtem Seilstück.
„European death triangle“ an der Ostwand „Kleine Gößspitze“, Hohe Tauern; Bild. Bolting.eu

„European Death Triangle“

Beim Thema Abseilstelle einrichten kommt ein klassischer Fehler ebenso häufig vor, die horizontale Anbringung der Fixpunkte!

Diese Art der Anbringung von Fixpunkten für Abseiler ist nicht mehr Zeit gemäß. Denn diese werden heute immer „in Serie“ geschalten.

Ganz schlimm sind dann im Extremfall auch die „Rundumschlingen“. D.h. Seilstücke, die ohne Zwischenknoten direkt durch die Laschen gefädelt sind. Siehe Bild anbei.

Eine solcher Abseilstand wird in den USA nicht umsonst „European death triangle“ genannt. Diese Bezeichnung spricht für sich selbst. Denn erstens fädelt sich diese Schlaufe komplett aus, wenn sie an einer beliebigen Stelle reißt. Zweitens befindet sich der Abseilring in der Seilschlaufe anstatt direkt im unteren Haken.

Schade das dies immer noch vorkommt.

Abseilstelle einrichten – Baumarkt Rapidglieder = No GO!

Das Bild ein gefährliches, ungenormtes Baumarkt Rapidglied an einem Abseilstand.
Ein Baumarkt Rapidglied mit 200kg (!!!) Bruchlast. Gesehen an Ostwand „Kleine Gößspitze“ Hohe Tauern. Bild: bolting.eu

Niemand weiß wieso. Aber die Häufigkeit mit der ungenormte Baumarkt Rapidglieder an Abseilern zu finden sind, ist echt erschreckend.

Denn diese Produkte erfüllen zum einen keinerlei Norm. Und zum anderen sind sie mit Bruchlasten oft um die 200-400kg Kilo extrem gefährlich. Denn im Schnitt beträgt die Kraft beim Abseilen an die 2,6 bis 4,6 kN, je nachdem wie dynamisch abgeseilt werden muss.

Zwei einzelne Abseilpunkte falsch angebracht

Das Bild zeigt zum Thema Abseilstelle einrichten, zwei einzelne, viel zu eng gesetzte Abseilhaken.
Ohhhh boy! Viel zu eng beisammen, dann auch noch auf gleicher Höhe. Ein komplett „verhauter“ Abseilstand im Val di Mello, am „Sasso Remeno“. Bild: bolting.eu

Ein weiterer „Klassiker“ beim Thema Abseilstelle einrichten ist die Missachtung des Prinzips des Ausrisskegels.

Das folgende Bild zeigt dieses Fehler ganz deutlich. Die Bohrhaken dieser Abseilpunkte sind 9cm lang, folglich müssten sie 27cm voneinander entfernt sein.

Zudem sind sie nicht versetzt übereinander angebracht.

Link Tipp: bergundsteigen Beitrag zu Abseilunfällen mit alten Bandschlingen