Was halten Bohrhaken?
Wer regelmäßig Bohrhaken setzt muss über folgendes Thema einfach ordentlich Bescheid wissen. Was halten Bohrhaken? Oft wird die Fragestellung auch mit einer anderen Bezeichnung für das Bauteil formuliert: Was halten Schwerlastanker?
Aus diesem Grund verwenden wir im Artikel beide Fragestellungen bzw. beide Bezeichnungen für ein und das selbe Bauteil.
Was halten Bohrhaken?
Die Bruchlast von Bohrhaken erfährt man in den Datenblättern des jeweiligen Herstellers. Diese sind ganz einfach auf der Website abzurufen. Überdies gibt die Produktverpackung weitere Auskünfte zu den Bohrhaken.
Es gibt folgende Datenblätter:
- Lastentabelle
- DOP: Declaration of Performance
- ETA: Europäische Technische Bewertung
Ob ein bestimmter Bohrhakentyp also die EN Norm 959 (siehe unten) bzw. UIAA 123 Norm erfüllt, kann man nur in den Datenblättern nachlesen.
Die neue EN Norm 959 fordert bei Bohrhaken im Bergsport folgende Haltekräfte:
- axial („nach außen“): 15kN
- radial („nach unten“): 25kN
Die UIAA Norm 123 fordert etwas höhere axiale Haltekräfte:
- axial („nach außen“): 20kN
radial („nach unten“): 25kN
Dies Kräfte können beim Klettern so gut wie nie erreicht werden. Schließlich liegt die durchschnittliche Kraft auf den Bohrhaken bei einem Sturz „nur“ 6,5 kN.
Der Untergrund ist entscheidend!
Aufgrund der hohen Bruchlast von Bohrhaken lässt sich für den Klettersport ableiten.
Das physische Bauteil Bohrhaken bzw. der Stahlbruch ist nicht der eigentliche Risikofaktor.
Die Frage „Was halten Bohrhaken aus?“ ist daher im Grunde falsch gestellt. Vielmehr muss die Frage lauten: „Welche Kräfte kann der Felsuntergrund aufnehmen“?
Denn die Festigkeit des Felsuntergrund ist meist das entscheidende Kriterium. Mit anderen Worten ausgedrückt. Sind die Kräfte für den Felsuntergrund zu groß, kommt es zum Versagen des Fixpunktes. Dieser Ausbruch äußerst sich im sogenannten „Ausbruchkegel bei Bohrhaken“.
Oft wird auch gefragt: „Was halten Schwerlastanker?“ Dennoch meint man dabei aber oft den „Ausbruchkegel“.
Die Ausbruchsfläche ist von folgenden Faktoren abhängig:
- der effektiven Verankerungstiefe (Setztiefe) des Bohrhakens: href
- dem Randabstand zu einer Felskante: c (für engl. „corner“)
- dem Achsabstand, also dem Abstand von einem Bohrhaken zum nächsten: s (für engl. „space“)
Die folgende Grafik erläutert den Ausbruchkegel bei Bohrhaken.
Konsequenzen für das Einbohren
Für das Einbohren einer Kletterroute bzw. Bohrhaken setzen hat dies folgende Konsequenzen:
- Verwende nicht einfach irgendwelche Bohrhaken! Kaufe dir deine Bohrhaken immer selber. Informiere Dich überdies in den Datenblättern über die Zulassungen sowie Festigkeitswerte.
- Verwende Bohrhaken nur in festen Gesteinen. z.B. in Granit oder Kalkstein. Bei löchrigem Kalk, Konglomerat oder Sandstein sind Klebehaken zu empfehlen.
- „Hammertest“: Überprüfe den Felsuntergrund eingehend mit einem Hammer. Zum einen die Festigkeit des Gesteins. Zum andern den Klang. Hohlräume klingen „dumpf“ und sind leicht auszumachen!
Setze ggf. einen Bohrhaken oberhalb im festen. Installiere dann erstens ein Schraubglied / Rapid Glied. Zweitens die Verlängerung mit einem Seilstück. - höhe effektive Verankerungstiefe = höhere Festigkeit: Verwende daher z.B. im Kalk nur „lange“ Bohrhaken
- Verwende kurze Bohrhaken (Setztiefe 60mm) nur in sehr festen Gesteinen wie z.B. bombenfesten Granit!
- Halte einen Abstand von mindestens 1,5 x die Verankerungstiefe (href) zu allen Kanten und Rissen ein!
- Halte bei Umlenkern / Kettenständen / Abseilstellen einen Abstand von mindestens 3 x die Verankerungstiefe (href) zum nächsten Bohrhaken ein!
Was halten Bohrhaken? – Drehmoment
Du möchtest eine Kletterroute mit Bohrhaken einrichten?
Dann solltest du über den Drehmoment bei Bohrhaken Bescheid wissen.
Damit ist jene Kraft gemeint, mit welcher man die Mutter „anzieht“. Der Drehmoment ist dabei relativ gering. Er beträgt zum einen bei 10mm Bohrhaken zwischen 20 -35 Nm (Newtonmeter). ei 12mm Bohrhaken andererseits zwischen 40-55Nm. Man muss den entsprechenden Wert auf der Produktverpackung ablesen!
In der Praxis bedeutet dies:
- Mutter beim Bohrhaken nicht „überdrehen“
- nach dem deutlichen „Knack-Knack“ („Anbeißen Expansionsglieder) aufhören
- „überdrehte“ Bohrhaken stehen unter zu starker Spannung und können bei einem Sturz sofort brechen
- die erhöhte Spannung begünstigt die sogenannte Spannungskorrosion“
Was halten Bohrhaken – Gefahr galvanische Korrosion
Manchmal werden leider Komponenten aus unterschiedlich edlen Stählen verbaut. Zum Beispiel Edelstahl Laschen mit verzinkten Bohrhaken. Dann kommt es zu galvanischer Korrosion.
Dabei wird das unedlere Metall zersetzt und geschwächt. Folglich kann die Bruchlast sowohl bei Bohrhakenlaschen als auch Bohrhaken dramatisch abnehmen.
Bei entsprechend fortgeschrittener Korrosion können die o.a. 6,5 kN bereits zu einem Bruch führen. Das entspricht einem „hart“ gesicherten 4m Sturz.
Mehr über dieses spezifische Thema gibt es in unserem Leitartikel „Galvanische Korrosion bei Bohrhaken„.
Bohrhaken in Meeresnähe
Die Bruchlast von Bohrhaken in Meeresnähe kann aufgrund der sogenannten „Spannungsrisskorrosion“ wesentlich verringert sein!
Vereinfacht dargestellt können in Meeresnähe Spannungen im Material, sowie das Einwirken von säurehaltigen Substanzen, den Bohrhaken enorm zusetzen. Sie brechen dann einfach an nicht sichtbaren Rissen. Was Bohrhaken halten ist dann oft nicht einmal mehr das reine Körpergewicht!
Mehr zu diesem Thema erfährst Du in unserem Fachbeitrag „Einbohren in Meeresnähe„!
Falsch angebrachte Bohrhaken
Bei der Frage „Was halten Schwerlastanker?“ kann auch eine falsche Installation ganz entscheidend sein.
Folgend „klassische“ Fehler kann man immer wieder entdecken. Sie können einen Stahlbruch durch ungünstige Hebelkräfte begünstigen.
- Setzwinkel nicht 90° zur Felsoberfläche: Bohrhaken sollen exakt 90° zur Felsoberfläche gesetzt werden. „Schiefe“ Bolts sind zu vermeiden!
- Bohrhakenlasche nicht 90° zum Bohrhaken Schaft: Nicht nur der Bohrhaken muss richtig gesetzt sein. Auch die Bohrhakenlasche muss passend „sitzen“. Steht diese nicht 90° zum Schaft des Bolts, können ebenfalls gefährliche Hebelkräfte ansetzen.
- zu langer SDS Bohrer: Wer einen extrem langen SDS Bohrer beim Bohren verwendet muss Acht geben. Durch die starke Rotation kann die Bohrloch-Öffnung viel zu groß werden. Ein „wackelnder“ Bohrhaken und unerwünschte Hebelkräfte können die Folge sein.
Weiterführende Literatur
Du willst mehr zum Thema „Was halten Schwerlastanker?“ wissen. Wir haben hier noch weiterführende Links für dich!
Im Netzt war eine sehr gute Doktorarbeit zu finden. Diese beleuchtet auch einige Aspekte der hier im Beitrag behandelten Sachverhalte.
Link Tipp: Doktorarbeit von Thortsen Hüer an der Uni Stuttgart 2013: Tragverhalten von randnahen zugbeanspruchten Befestigungen bei der Versagensart „Spalten des Betons“
Die Fa. Würth hat ebenfalls einen interessanten Beitrag online gestellt.
„Dübelversagen? Nein, danke!
Chris Semmel von der DAV Sicherheitsforschung gibt in Bergundsteigen 1/07 einen guten allgemeinen Überblick zu reib- und formschlüssigenBohrhakensystemen im Beitrag „1×1 der mechanischen Bolts“
Ein sehr gutes Standard Werk ist die Broschüre „Bohrhaken“ der DAV Sicherheitsforschung aus 2007.